Salzgewinnung und Salztransport auf der Alten Salzstraße
Die geschichtliche Entwicklung von Bad Sülze ist untrennbar mit der Salzgewinnung verbunden. Namen und Bedeutung verdankt die Stadt den vorhandenen Solequellen: Sülze ist der Ort an der Salzquelle. Salinen, Anlangen zur Gewinnung von Salz durch Verdampfen des Wassers, sind bereits vor 1229 hier bezeugt worden, 1243 erhielt das Kloster Doberan urkundlich das Recht, Salz zu sieden. Die Saline war über die Jahrhunderte weitestgehend fürstliches Grundeigentum der ursprünglich wendischen mecklenburgischen Fürstenfamilie Borwin, die bis 1918 das Land regierte.
Die Sole wurde aus einem Brunnen gepumpt und in Pfannen stundenlang gesiedet bis sich Salzkristalle absetzten. Zum Heizen nutzte man den vorhandenen Torf. Im 18. Jahrhundert hielt eine neue Technologie in der Salzgewinnung Einzug: Es entstanden bis zu zwölf Meter hohe Gradierwerke, teilweise zweistöckig und auf einer Länge von 1300 Metern. In einem Gradierwerk, angetrieben von Wind- und Wassermühlen, tropft salzhaltiges Wasser über aufgeschichtetes Schwarzdornreisig, wobei ein Teil des Wassers verdunstet. Der Salzgehalt des Wassers kann so von fünf auf bis zu zwanzig Prozent erhöht werden. Auf diese Weise wurden die Brennstoffkosten erheblich reduziert. Das letzte Gradierwerk, der zwischen 1759 und 1774 errichtete Friedrichsbau, zerstörte 1944 ein Blitzschlag. Übrig blieben einige Pfahlstümpfe im Kurpark. Das Modell eines Gradierwerkes ist noch auf dem Gelände des Salzmuseums in Bad Sülze zu besichtigen.
Anfang des 19. Jahrhunderts erfolgte noch einmal ein ungeahnter Aufschwung. Die von Napoleon I. 1806 verkündete Kontinentalsperre gegen England brachte auch den Salzimport nach Mecklenburg zum Erliegen. Die Saline zu Sülze musste das ganze Land versorgen. Die Saline wurde durch die Großherzogliche Landesregierung übernommen. Der Prahmkanal wurde als Verbindung zwischen Recknitz und Trebel gebaut, um das Salz über die Peene und den Kummerower See auch in die Großherzogliche Salzniederlage nach Malchin transportieren zu können.
Die Hauptroute des Salztransports war aber die ins Großherzogliche Salzlager in Wismar. Dazu wurde das Salz in Säcke abgefüllt und auf Prahme, ca. 20 Meter lange Boote, auf der Recknitz flussabwärts bis zur Mündung nach Damgarten und weiter über die Ribnitzer See nach Dändorf verschifft. Hier wurde das Salz auf Karren umgeladen, zum Dierhäger Strand gefahren, auf Reusenboote verladen und zu den vor der Küste wartenden Seglern gebracht, welche die Salzladung dann nach Wismar verschifften. Heute findet am sanierten Sazhafen in Dändorf jedes Jahr ein Salzhafenfest statt. U.a. wird der Gewinner im traditionellen Salzsackkarrenfahren gesucht und von der Salzprinzessin der Vogelparkregion Recknitztal prämiert.
Der Salztransport verlief nicht immer konfliktfrei. An der Passbrücke in Damgarten waren Gebühren zu entrichten, über die die Sülzer Saline und die Stadt Ribnitz ins Streiten kamen, bis 1820 der Rat großmütig erklärte, dass er aus Achtung vor einer großherzoglichen Stadt auf das Brückengeld verzichte. Der Passmann müsse aber wenigstens 6 Schilling bekommen, weil er mit einem Gehilfen eine Stunde benötige, um die Brücke aufzuziehen und dann wieder niederzulegen.
Da die Recknitz die Grenze zwischen Mecklenburg und Pommern bildete, weckte das weiße Gold natürlich auch Begehrlichtkeiten Dritter. So führte bei Pantzlitz im 17. Jahrhundert ein Zwischenfall zu diplomatischen Verwicklungen zwischen der herzoglichen Regierung in Schwerin mit der pommerschen Seite. Ein in Daskow ansässiger Rittergutsbesitzer verlangte plötzlich für die freie Durchfahrt Zoll. Es kam zum bewaffneten Streit und ein Prahm wurde versenkt, der noch Ende des 18. Jahrhunderts ein Hinderniss für die Schifffahrt auf der Recknitz war.
Im Jahr 1907 wurde die Salzproduktion wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt. Die Förderung von Steinsalz aus Bergwerken war deutlich billiger. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Salzgewinnung zur therapeutischen Anwendung. 1927 erhielt Bad Sülze die staatliche Anerkennung als Sole- und Moorbad.